Grenzen setzen im Hundetraining – Was es braucht und warum es uns oft so schwerfällt

Das Thema Grenzen setzen ist im Hundetraining ein wesentlicher Aspekt, um eine gesunde Beziehung zwischen Mensch und Hund aufzubauen und deinem Hund ein Leben zu ermöglichen, indem er sich auf dich als Halter verlassen kann. Klare Regeln und Erwartungen können deinem Hund Sicherheit und Orientierung geben, sofern sie vorher fair aufgebaut und kommuniziert wurden. Denn Grenzen setzen ist sozial. Sowohl für unsere Hunde, als auch für uns selbst.

Doch warum fällt es uns dennoch so schwer?

In den folgenden Zeilen wollen wir dieser Frage auf den Grund gehen und du erhältst praktische Tipps, die es dir im Training leichter machen. 

1. Die Bedeutung von Grenzen im Hundetraining

Grenzen geben uns und unseren Hunden Halt und Sicherheit, weil sie dabei helfen, einander einzuschätzen, sich kennenzulernen und in Verbindung zu sein.

Fair gesetzte Grenzen bringen uns einander näher, machen uns greifbarer und zu einem guten Sozialpartner, auf den man sich in schwierigen Situationen verlassen kann.

Sie erklären unserem Hund die Welt und zeigen ihm, was akzeptabel ist und was nicht. 

Indem dein Hund versteht, was von ihm erwartet wird, kann er Dinge richtig machen und sein Höchstmaß an Freiheit genießen. Denn unser Hund lebt in einer Menschenwelt, in der er Gefahren häufig nicht einschätzen kann und in welcher viele Dinge von ihm erwartet werden, die er in seiner hündischen Welt nicht selbstständig wählen würde. 

Entgegen der oft genannten Angst, den Hund in seinen Freiheiten zu beschneiden und die Beziehung zu belasten, tragen gut gesetzte Grenzen dazu bei, Freiheit zu ermöglichen und die Bindung zwischen Mensch und Tier zu stärken.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Grenzen ohne Gewalt und Angst etabliert werden. So lernt der Hund, was von ihm erwartet wird, anstatt sich nur auf das Vermeiden von Fehlern zu konzentrieren.

2. Warum es uns schwerfällt, Grenzen zu setzen

Für viele Menschen ist das Setzen von Grenzen eine Herausforderung. Falls es dir also genauso geht, du bist nicht allein damit. Oftmals spielen dabei emotionale Faktoren eine große Rolle, beispielsweise die Angst vor Ablehnung, Ausgrenzung oder Konflikten. 

Man stellt lieber die eigenen Bedürfnisse zurück und vermeidet so, womöglich als unhöflich oder fordernd wahrgenommen zu werden. Aber ist diese Angst überhaupt berechtigt?

Auch unsere Gesellschaft trägt ihren Teil dazu bei, indem sie Erwartungen und Normen schafft und durch ihren Fokus auf Leistung viele Menschen dazu anregt, ihre eigenen Grenzen immer wieder zu übergehen. Vielfach wird der Wert auf vermeintliche gesellschaftliche Harmonie gelegt, was dazu führen kann, dass individuelle Grenzen nicht ausreichend respektiert werden. Und auch der hohe Konsum sozialer Medien fördert den ständigen Vergleich mit anderen und suggeriert eine Anpassung, anstatt individuelle Fähigkeiten auszubauen – auch innerhalb des Hundetrainings.

Wenn also alles mit der eigenen Einstellung beginnt, dann liegt gegebenenfalls hier der Ursprung des Übels, indem wir schlichtweg nicht gelernt haben, dass wir für unsere eigenen Bedürfnisse einstehen dürfen und wie man dafür die notwendigen Grenzen setzt. 

Denn: Es ist ok, wenn du nicht möchtest, dass dein Hund deine körperliche Grenze übertritt, indem er dich anspringt. Und du darfst für dieses Recht einstehen. 

Es ist ok, wenn du dich in einer größeren Trainingsgruppe unwohl fühlst. Wähle für euch eine Alternative, anstatt dir selbst Druck zu machen, in jedes Muster hineinpassen zu „müssen“.

Und nur weil dein Nachbar dir ungefragt Tipps gibt, darfst du eure Themen nach deinem eigenen Bauchgefühl angehen, ohne die Angst davor zu haben, unhöflich zu sein.

Doch auch dein Hund darf äußern, wenn ihm etwas zu viel wird. Knurren beispielsweise ist eine Warnung, die uns einen wichtigen Hinweis auf seine Bedürfnisse und Grenzen gibt und die daher in jedem Fall erlaubt sein sollte. Wichtig ist dabei nur, der Ursache anschließend auch auf den Grund zu gehen.

Letztlich geht es beim Thema Grenzen stets um das Finden der Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen der anderen. Berücksichtigt man dies, ist das Setzen von Grenzen ein wichtiger Schritt zur Selbstfürsorge und kann langfristig zu innigeren Beziehungen führen.

Voraussetzung dafür ist die innere Überzeugung, Grenzen setzen zu dürfen und dieses sowohl sich als auch dem Gegenüber zu erlauben. 

Ich lade dich also dazu ein, in die Reflexion zu gehen und die eigenen Grenzen ohne Vorurteil und Wertung zu erforschen und anzuerkennen. Lass dich dabei gegebenenfalls mit Übungen zur Selbstreflexion und Tipps zur Stärkung der eigenen Durchsetzungsfähigkeit unterstützen. Und du wirst sehen, zwischen erfolgreichem Hundetraining und persönlichem Wachstum besteht eine enge Verbindung, von der du profitierst.

3. Strategien zum Setzen von Grenzen

In der Praxis werden Grenzen im Hundetraining auf unterschiedliche Weise gesetzt. Wichtig dabei ist, dass es stets auf angepasste Weise und angemessener Intensität geschieht.

Im Folgenden findest du ein paar Strategien, wie du Grenzen setzt, die eure Beziehung stärken.

Um deinen Hund sicher zu führen, ist ein gut aufgebauten Abbruchsignal unerlässlich. Aber auch dieses kann positiv antrainiert und Schritt für Schritt generalisiert werden.
Sei dir dabei auch deiner Körpersprache bewusst, sodass dein „Nein“ auch für deinen Hund lesbar ist. Ambivalente Aussagen führen oft dazu, dass man viel zu deutlich werden muss, weil an anderer Stelle unklare Signale gesendet werden. Hier gibt es eine Vielzahl von Körperübungen, die dich darin unterstützen können.

Auch der Begriff der Konsistenz wird häufig im Zusammenhang mit Grenzen genannt. Ich persönliche halte eine Beständigkeit im Training für äußerst wichtig. Diese bedeutet für mich, dass man sich als Halter Gedanken über die genauen Zielsetzungen des Trainings macht. Formuliere positiv, was du erwartest, anstatt dir zu überlegen, was du nicht mehr willst. Dadurch entsteht ein genauer Fahrplan und es wird dir viel leichter fallen, die vielen kleinen Fortschritte auf eurem Weg einzufangen und zu bestätigen.

Auch die soziale Interaktion mit anderen Hunden kann deinem Hund dabei helfen, mit sozialen Grenzen umgehen zu lernen, selbst ein angemessenes „Stopp“ zu formulieren und zu lernen, dass bei dir als Halter stets ein sicherer Hafen ist, indem du die Grenzsetzung im Ernstfall übernimmst. 


Darüber hinaus darfst du deinem Hund ein Alternativverhalten anbieten. Denn es macht vieles leichter, wenn eine alternative Strategie angeboten wird. Zudem steht hinter jedem unerwünschten Verhalten ein unerfülltes Bedürfnis, sodass der Hund mit seinem vermeintlichen „Fehlverhalten“ für sich selbst eine sinnvolle Strategie verfolgt hat, die ihm in der betreffenden Situation Erleichterung verschaffen konnte (beispielsweise der Stressreduktion diente). 

Aber auch ein angepasstes Management gehört zu gesunden Grenzen, die ich als Halter setzen sollte, wenn der aktuelle Trainingsstand dieses noch benötigt. Und auch während des Trainings unterstützt du deinen Hund, indem du die Auslöser von Fehlverhalten so dosierst, dass er im Idealfall unter seiner Reizschwelle bleibt und noch erwünschtes Verhalten zeigen kann, anstatt ihn wissentlich in ein Fehlverhalten laufen zu lassen. 

Fazit

Grenzen zu setzen ist ein wichtiges Fundament für eine gesunde Beziehung, egal ob zwischen Mensch und Hund oder Menschen untereinander. Sie geben uns ein Gefühl der Sicherheit, Intensivieren unsere Beziehungen, ermöglichen uns ein Höchstmaß an Freiheit und unterstützen die Entfaltung unserer individuellen Persönlichkeit.

Für das Setzen von Grenzen ist keine Gewalt oder Einschüchterung notwendig. Vielmehr geht es um Klarheit, Kontingenz und Verständnis, indem man die Bedürfnisse hinter einem Verhalten einbezieht und Alternativen erarbeitet. Man darf aufeinander eingehen und hat dennoch die Führung inne. 

Ich möchte dich ermutigen, Grenzen sowohl im Training als auch in deinem eigenen Leben zu setzen und dadurch die Verantwortung für euer Wohlbefinden zurückzugewinnen.

Was sind deine Erfahrungen in Bezug auf das Setzen von Grenzen? Lasse gerne ein Kommentar hier.

Und schreib mir, wenn ich dich auf deinem Weg unterstützen darf.

Alles Liebe, Nadine

Über Nadine

Mein Name ist Nadine, ich bin zertifizierte Hundetrainerin und Pawsitive Life® Coach.

Neben meiner Liebe zu Hunden begleitet mich eine große Begeisterung für die Natur und die Wechselwirkungen ihrer Lebewesen. So habe ich nach dem Abitur Forstwissenschaften (B.Sc.) und Landschaftsökologie (M.Sc.), um noch mehr darüber zu lernen.

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